Vier Faktoren der bisexuellen Identität
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Ein Forscherteam um Nathan Grant Smith von der Universität Houstan in den USA hat die Frage untersucht, wie sich Menschen mit bisexueller Orientierung selbst erleben.
Auf der Grundlage einer Sichtung der Gesamtliteratur wurden hierzu 46 vorläufige Selbstbeschreibungen identifiziert, die im Anschluss 422 bisexuellen Männern und Frauen zur Eigeneinstufung vorgegeben wurden.
Mithilfe statistischer Analysen ließen sich vier Faktoren der bisexuellen Identität identifizieren. Diese vier Faktoren der bisexuellen Identität bisexueller Menschen lassen sich beschreiben als:
- Illegitimität (Zweifel an Bisexualität als eine tatsächlichen sexuellen Orientierung vergleichbar mit Heterosexualität oder Homosexualität)
- Erwartete Binegativität (Biphobie, ähnlich wie Homophobie, aber auf Bisexuelle bezogen)
- Internalisierte Binegativität (eigene negative, ablehnende und biphobe Einstellungen zur Bisexualität)
- Positive Identifikation (Annahme und positive Bewertung der eigenen Bisexualität)
Auffällig ist, dass bei der Identitäts-Definition die Auseinandersetzung mit Fragestellungen zur Legitimität der bisexuellen Orientierung und der antizipierten gesellschaftlichen Ablehnung bisexueller Lebensweisen (Biphobie) eine große Rolle spielt. Gesellschaftliche Vorbehalte können dazu führen, dass sogar die Betroffenen selbst binegative Einstellungen übernehmen. Internalisierte Binegativität ist dabei ein Ausdruck hochgradiger innerer Dissonanzen im Sinne eines Zusammentreffens der Sachlage der eigenen bisexuellen Orientierung mit eigenen ablehnenden biphoben Einstellungen.
In weiteren Datenanalysen zeigte sich, dass Illegitimität, antizipierte Binegativität und internalisierte Binegativität mit Depressivität korrelierten, während die positive Identifikation mit der eigenen Bisexualität mit Offenheit/Öffentlichkeit (Outness) korrelierte.
Deutlich wird aus den Befunden, dass Bisexuelle sich in ihrer Identität mit vielfältigen Ambivalenzen und Belastungen konfrontiert sehen, die sich ungünstig auf ihre seelische Gesundheit auswirken und als Folge mangelnder gesellschaftlicher Akzeptanz zu bewerten sind. Dies gesellschaftliche Ablehnung bestätigt sich auch in einer neuerlichen Umfrage der University of Pittsburgh school of public health, in der 15% der befragten US-amerikanischen Erwachsenen angaben, dass Bisexualität illegitim sei, wobei die stärkste Ablehnung von heterosexuellen Männern geäußert wurde, aber auch schwule Männer und lesbische Frauen deutlich mehr Vorbehalte gegenüber Bisexualität formulierten als bisexuelle Männer und Frauen.
Vermutlich ist es diese Ausgrenzung, die mit zu einer besonders hohen Suizidrate von Menschen mit Bisexualität beiträgt. Wissenschaftliche Befunde zeigen, dass gesellschaftliche Ausgrenzung sich in Mikroaggressionen durch das soziale Umfeld gegenüber Bisexuellen niederschlägt, die die psychische Gesundheit schädigen können.
Um die Entwicklung einer positiv besetzten bisexuellen Identität unterstützen und die psychische Gesundheit von Menschen mit bisexueller Orientierung zu fördern, ist der stärkere Aufbau solidarischer Strukturen erforderlich, die die gesellschaftliche Sichtbarkeit der Bisexualität erhöhen und gleichzeitig individuell Bestärkung und Unterstützung anbieten können.
Derzeit bleibt Bisexualität selbst in Ländern mit hoher Akzeptanz für Homosexualität nach wie vor weitgehend unsichtbar. Oftmals werden Bisexuelle der Gruppe der Schwulen, Lesben und Transsexuellen zugewiesen – auch in der Forschungsliteratur -, gehen dort aber mit ihrer besonderen Situation und der nach wie vor sich gegen sie richtenden Ausrichtung zu stark unter. Selbst in der Literatur werden bisexuelle Lebensweisen, wie eine inhaltsanalytische Auswertung zeigt, bisher noch weitergehend ignoriert oder sogar negativ eingeordnet.
Wenn es gelingt, die Sichtbarkeit und Akzeptanz der Bisexualität in der Gesellschaft zu erhöhen und dadurch Mikroaggressionen entgegenzuwirken und Coming Out Prozesse zu fördern, dürfte dies aller Wahrscheinlichkeit nach auch zu einer Veränderung der eigenen Identität bisexueller Menschen im Sinne der Stärkung eines positiven Selbstbezugs und des Abbaus von Negativität und belastender Ambivalenz führen.
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Quelle:
Paul, R., Smith, N. G., Mohr, J. J., & Ross, L. E. (in press). Measuring dimensions of bisexual identity: Initial development of the Bisexual Identity Inventory. Psychology of Sexual Orientation and Gender Diversity.
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Kommentar von twivive |
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